Über ein neues Urteil mit grundsätzlicher Bedeutung für die Wohnungspolitik wird berichtet: Berlin darf Mieten überall begrenzen: Die deutschen Städte bekommen einen weiten Spielraum, um die Mietsteigerung zu bremsen. Die Deckelung der Mieten ist rechtens, hat der Bundesgerichtshof entschieden. Vgl. dazu auch die Mitteilung des BGH: Bundesgerichtshof bestätigt Rechtmäßigkeit der Kappungsgrenzen-Verordnung des Landes Berlin.
»Vermieter in Berlin können die Miete nur in
kleinen Schritten erhöhen. Die Steigerung darf 15 Prozent innerhalb von fünf
Jahren nicht überschreiten. Das hat der Bundesgerichtshof in einem
Grundsatzurteil entschieden, mit dem er die Rechtslage in Berlin bestätigte
(Az.: VIII ZR 217/14). Dort begrenzt die „Kappungsgrenzen-Verordnung“
Mietsteigerungen – und zwar für alle Stadtteile gleichermaßen.«
Diese Entscheidung eröffnet den Kommunen in
Deutschland einen weiten Gestaltungsspielraum, um in die Mietentwicklung
einzugreifen. Dazu, so Corinna Budras in ihrem Artikel, »hat die Politik in den
vergangenen Jahren vor allem zwei Instrumente geschaffen: die Kappungsgrenzen
für schon bestehende Mietverhältnisse, um die es in dem aktuellen Fall ging;
seit Juli haben die Städte zudem die Möglichkeit, auch für neue Mietverträge
eine Mietpreisbremse zu erlassen.« Über das neue Instrumentarium der
Mietpreisbremse und den derzeitigen erheblichen Problemen, es mit Leben zu
füllen vor allem angesichts der in vielen Kommunen fehlenden Mietpreisspiegel,
wurde im Blog-Beitrag Der "Wohnungsmarkt". Von ungebremsten Preisspiralen über Schlupflöcher in einem vielleicht gut gemeinten Gesetz bis hin zur neuen Konkurrenz ganz unten
vom 04.11.2015 ausführlich berichtet.
Gegen das andere Instrument, also die
Kappungsgrenze für bereits bestehende Mietverhältnisse, hatte sich ein
Eigentümer gewehrt, der die Miete seiner Wohnung in Berlin-Wedding um 45 Euro
im Monat und damit gleich um 20 Prozent erhöhen wollte. Er hielt die Verordnung
für unwirksam, weil sie für das gesamte Stadtgebiet gilt, ohne zu
unterscheiden, ob der Wohnungsmarkt in dem betroffenen Bezirk tatsächlich
besonders angespannt ist.
Der BGH hat verfassungsrechtliche Bedenken gegen
die Kappungsgrenzen-Verordnung (die sich vor allem darauf stützen, dass dadurch
gegen die in Art. 14 Abs. 1 GG verbürgte Eigentumsgarantie verstoßen werden),
zurückgewiesen:
»Die genannte Bestimmung verfolgt ein legitimes, dem öffentlichen Interesse dienendes Regelungsziel, nämlich in Gebieten mit besonderer Gefährdungslage einen zu raschen Anstieg von Mieten auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zu dämpfen. Sie stellt einen angemessenen, auch die Belange der Vermieter hinreichend berücksichtigenden und damit verhältnismäßigen Interessenausgleich her.«
»Die genannte Bestimmung verfolgt ein legitimes, dem öffentlichen Interesse dienendes Regelungsziel, nämlich in Gebieten mit besonderer Gefährdungslage einen zu raschen Anstieg von Mieten auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zu dämpfen. Sie stellt einen angemessenen, auch die Belange der Vermieter hinreichend berücksichtigenden und damit verhältnismäßigen Interessenausgleich her.«
Und auch die Ausweitung der Kappungsgrenzen auf das
gesamte Stadtgebiet wird vom BGH nicht gerügt, sondern für nachvollziehbar
erklärt: »Die besondere Gefährdung einer ausreichenden Versorgung der
Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen ist aufgrund der vor
allem in Ballungsräumen, Industrie- und Universitätsstädten sowie in Städten
mit herausgehobener zentraler Lage oder Funktion wirkenden vielfältigen Impulse
und der hierdurch ausgelösten spezifischen Labilität des Wohnungsmarktes
grundsätzlich räumlich nicht exakt eingrenzbar.«
Und was sagt die „Gegenseite“, also die
Wohnungswirtschaft? Der Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, Axel Gedaschko, kritisierte das
Urteil (GdW zum BGH-Urteil: Luxuswohnungen werden geschützt): "Angesichts des
weiten Entscheidungsspielraums bezüglich der Annahme eines angespannten
Wohnungsmarktes überrascht die Entscheidung des BGH nicht. Was juristisch
richtig ist, muss aber nicht unbedingt auch vernünftig sein. Bei der
Beurteilung eines angespannten Wohnungsmarktes sollte man nicht einfach die
gesamte Stadt heranziehen, sondern genauer hinschauen. Es sollte nicht nur eine
sorgfältige Unterscheidung nach Stadtteilen erfolgen, sondern auch der
entsprechenden Wohnungsteilmärkte. So ist die Einbeziehung von Luxuswohnungen
in die Kappungsgrenzenverordnung nicht verständlich, wenn man eigentlich
Geringverdiener unterstützen möchte."
Foto: © Stefan Sell