Samstag, 14. November 2015

Die Altenpflege und die Pflegereform II. Auf der einen Seite himmelhoch jauchzend, auf der anderen Seite zentrale Baustellen, auf denen nichts passiert und Vertröstungen produziert werden

Es ist vollbracht. Auch die zweite Stufe der Pflegereform hat die parlamentarischen Hürden genommen und das „Zweite Pflegestärkungsgesetz“ wurde im Bundestag verabschiedet. Auf der Mitteilungsseite des Bundestags zu den Beschlüssen liest sich das bürokratisch-trocken so: »Gegen das Votum der Linken bei Enthaltung der Grünen hat der Bundestag am 13. November den zweiten Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (18/5926, 18/6182) in der vom Gesundheitsausschuss geänderten Fassung (18/6688) angenommen. Damit wird ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff und ein neues Begutachtungsinstrument mit fünf Pflegegraden eingeführt. Dadurch sollen die Inhalte der Pflegeversicherung und die pflegerische Leistungserbringungen auf eine neue pflegefachliche Grundlage gestellt werden. Erstmals werden alle für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit relevanten Kriterien in einer einheitlichen Systematik erfasst. Ergänzt und neu strukturiert werden die Vorschriften zur Sicherung und Entwicklung der Qualität in der Pflege. Der Beitragssatz der sozialen Pflegeversicherung wird um 0,2 Beitragssatzpunkte erhöht.« Immerhin kann man der Mitteilung entnehmen, dass es nicht nur eine Große Pflegekoalition gibt, sondern auch die beiden Oppositionsparteien hatten – erwartungsgemäß erfolglos – versucht, den Finger auf weiter offene Wunden zu legen: der Finanzierung des Systems und der Personalfrage:

»Gegen die Stimmen der übrigen Fraktionen scheiterte Die Linke mit ihrem Entschließungsantrag (18/6692), einen Gesetzentwurf zur Einführung eines neuen Pflegebegriffs vorzulegen. Mit dem gleichen Stimmenverhältnis lehnte der Bundestag einen Antrag der Linken (18/5110) ab, in dem die Einführung einer Bürgerversicherung in der Pflege gefordert wird. Damit ließen sich Reformen wie die Einführung des neuen Pflegebegriffs und deutliche Leistungsverbesserungen schultern, argumentierte die Fraktion. Gegen das Votum der Opposition scheiterten die Grünen mit einem Antrag (18/6066), indem umfassende Maßnahmen gegen den Personalmangel in der Pflege gefordert werden. Unter anderem wollten die Grünen eine Pflege-Bürgerversicherung einführen und pflegende Angehörige stärker unterstützen.«
Wenn es jemand gerne überschäumender hätte hinsichtlich der positiven Bewertung der nun verabschiedeten zweiten Stufe der Pflegereform, dann sollte man einen Blick werfen in den Artikel Bundestag beschließt Revolution des Pflegesystems von Rainer Woratschka. Offensichtlich ist hier Großes geleistet worden: »Der Bundestag hat eine Pflegereform abgesegnet, die den Namen wirklich verdient. An Kleinreparaturen hatten sich schon etliche Minister versucht. Hermann Gröhe vollendet nun einen Kraftakt.«

Vielleicht liegt die Wahrheit ja irgendwie in der Mitte. Dann wären wir konfrontiert mit der Gleichzeitigkeit von wichtigen und guten Weiterentwicklungen des bestehenden Systems (bei denen es anders als ansonsten mittlerweile beim Thema Reformen nicht um Einsparungen und Leistungsreduzierungen geht) und zugleich aber auch die Fortexistenz grundlegender Systemprobleme, deren Bearbeitung entweder ausgeklammert oder auf die zeitlich lange Bank zwischengelagert werden.

Einen Hinweis auf die Ambivalenz der Pflegereform kann man beispielsweise der reichlich miesepetrigen Kommentierung in der FAZ entnehmen. Heike Göbel schreibt unter der wegweisenden Überschrift Wähler-Pflege: »Der Bundestag hat den teuersten Ausbau der gesetzlichen Pflegeversicherung seit deren Gründung vor zwanzig Jahren beschlossen. Aber die Regierung scheut sich, die Bürger mit den vollen Konsequenzen zu konfrontieren.« Und weiter:
»Pünktlich zur Bundestagswahl 2017 wächst damit der Kreis der Anspruchsberechtigten, vor allem durch die Einbeziehung der Demenzkranken, um eine halbe Million. Zugleich steigen vielfach die Leistungen, die Eingruppierung der zu Pflegenden erfolgt nach einem ganz neuen Schlüssel. Die Umstellung ist mit Bestandsschutz für die verbunden, die schon Geld erhalten. Ihre Leistungen können nur steigen, nicht sinken. Das alles verschlingt fünf Milliarden Euro jährlich zusätzlich, finanziert über abermals höhere Beitragssätze und aus den – noch – vorhandenen Reserven der Pflegekasse.«

Was aber stört sie? »Notwendig wäre eine noch stärkere Anhebung der Beitragssätze – und zwar begleitet von Einsparungen in anderen Säulen des Sozialsystems. Stattdessen wird überall gleichzeitig erweitert, die Kranken- ebenso wie die Rentenversicherung. Hier baut sich Druck auf die Lohnkosten auf, verbunden mit Gefahren für die Beschäftigung nicht nur der Flüchtlinge.« Und sie legt noch eine Schippe nach: »Auch fehlt der klare Hinweis, dass die gesetzliche Versicherung nur dazu gedacht ist, einen (kleinen) Teil der Kosten zu decken. Der zügige Ausbau erweckt den Eindruck, eigene Vorsorge sei nicht nötig. Die Regierung pflegt mit dieser Reform ihre älteren Wähler, die Jüngeren müssen wieder einmal sehen, wo sie bleiben.«

Nach so viel Kritik muss man einfach zum Ausgleich einen Blick werfen in den Artikel, der uns eine Revolution des Pflegesystems verspricht. Woratschka sieht „eine wirkliche Grundsanierung des Systems“. Im weiteren Gang seiner Argumentation wird auch klar, dass er das Bild von der Revolution kopiert hat, denn es geht hierbei um den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff:
»Experten wie der Bremer Gesundheitsökonom Heinz Rothgang sehen darin „eine Art Revolution“ . Das bisherige System orientierte sich fast ausschließlich an den körperlichen Gebrechen der Pflegebedürftigen. Danach wurden sie eingestuft und entsprechend sahen die Leistungen aus („Satt-Sauber-Pflege“). Nun rücken auch Alltagskompetenz und kognitive Fähigkeiten in den Fokus, die soziale und psychische Situation wird gleichwertig berücksichtigt. Dadurch bleiben etwa Demenzkranke, die körperlich fit sind, aber dennoch aufwendige Betreuung benötigen, nicht länger außen vor. Statt der bisherigen drei Pflegestufen gibt es künftig fünf Pflegegrade ... Beurteilt werden die Menschen künftig nach ihrer Fähigkeit zu Mobilität, Orientierung, Kommunikation, Selbstversorgung, Alltagsgestaltung und sozialen Kontakten. An den daraus erwachsenden Bedürfnissen sollen sich künftig die zugestandenen Leistungen bemessen. Die Verrichtungspflege nach Minuten wird abgeschafft.«

Weitere Verbesserungen müssen genannt werden: So bekommen Heimbewohner garantiert, dass sich ihr Eigenanteil an den Kosten auch bei zunehmender Pflegebedürftigkeit nicht erhöht. Bisher droht ihnen bei jeder Einstufung in eine höhere Pflegestufe auch eine höhere Zuzahlung. »Laut Ministerium soll der heimindividuelle Eigenanteil in den Pflegegraden zwei bis fünf künftig für alle im Schnitt bei 580 Euro liegen. Bisher sind es, je nach Pflegestufe, 460 bis 900 Euro im Monat.« Alle Heimbewohner haben einen Anspruch auf zusätzliche Betreuungsangebote, was auch für die Pflegebedürftigen gilt, die zu Hause betreut werden. Damit nicht genug: »Die Versicherer haben jedem Pflegebedürftigen einen persönlichen Berater zu nennen. Länger als zwei Wochen braucht künftig keiner mehr auf einen Beratungstermin zu warten. Auch Angehörige erhalten einen eigenständigen Anspruch auf Beratung, wenn die Pflegebedürftigen zustimmen – und auf kostenlose Pflegekurse.« Auch die pflegenden Angehörigen dürfen auf Verbesserungen hoffen – sie werden in der Renten- und Arbeitslosenversicherung besser abgesichert. »Und wer seinen Job aufgibt, um sich der Pflege eines Angehörigen zu widmen, erhält künftig auch seine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung aus dem Topf der Pflegeversicherung – für die gesamte Dauer seiner Pflegetätigkeit.«


Nun muss man aber auch darauf hinweisen, dass das Gesetz zwar zum 1. Januar 2016 in Kraft treten wird, die wesentlichen Reformpunkte aber erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam werden. So werden der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff und die Leistungen nach den fünf Pflegegraden sowie die Fixierung des Eigenanteils bei den Heimbewohnern erst ab dem 1. Januar 2017 das Licht der Pflegewelt erblicken.

Ein große Leerstelle auch dieser ambitionierten Reform bleibt leider wieder die Personalfrage. Man muss nur die Twitter-Beiträge mit dem Hashtag #Pflegestreik verfolgen, um zu erkennen, wie prekär bis skandalös schlecht schon heute die Pflege-Bedingungen in den Kliniken und gerade auch in den Pflegeheimen sind. Das ganze System lebt offensichtlich von der Substanz.

Dazu nur ein - scheinbar - krasser Ausnahmefall aus dem Pflegealltag in unserem Land: Feuerwehrleute kommen Pflegerin zu Hilfe und retten Kranke oder Wenn einer Pflegerin nur der Notruf bleibt, um nur zwei der Artikel-Überschriften zu zitieren. »Sie war allein mit 21 hochgradig Pflegebedürftigen eines privaten Altenheims. Als sie merkte, dass sie nicht alle versorgen konnte, wählte sie die 112. Das Heim ist in Branchenkreisen bekannt«, so Antje Hildebrandt in ihrer Schilderung der Ereignisse in Berlin. Das Pflegeheim in Berlin-Rudow nennt sich Gartenstadt und wirbt auf seiner Homepage mit dem Slogan "Ein Platz zum Wohlfühlen" und dem Hinweis auf "Ausgezeichnete Pflegequalität – jetzt auch geprüft!"

»Doch Anspruch und Wirklichkeit klaffen dort offenbar weit auseinander – und am vergangenen Sonntag wurde das zum ersten Mal auch öffentlich bekannt. Eigentlich waren zwei Kollegen für die Sonntagsschicht eingeteilt, doch die Fachkraft, so heißt es heute beim Träger Casa Reha, sei kurzfristig erkrankt. Die Hilfspflegerin habe daraufhin einen Kollegen aus einem anderen Wohnbereich um Hilfe gebeten, doch der habe abgelehnt.«

Und mit dieser Konstellation wurde eine Angehörige konfrontiert:
»Es ist der Albtraum aller Menschen, deren Angehörige in einem Pflegeheim betreut werden: Man besucht diesen Verwandten an einem Sonntagvormittag. Man stellt fest, es geht ihm nicht gut. Er hätte schon um sieben Uhr morgens Insulin und andere Medikamente benötigt. Doch niemand kommt. Es ist nur eine Pflegerin für 21 Bewohner da. Und auf Anfrage erfährt der Besucher, diese Pflegerin dürfe leider keine Medikamente verabreichen. Sie sei nur Hilfspflegekraft.«
Die Angehörige des Pflegeheimbewohners »hat die Polizei alarmiert. Die wiederum forderte die Pflegerin auf, die 112 zu wählen, um einen Notfallarzt zu rufen.«

Das Landeskriminalamt ermittelt jetzt wegen des Verdachts der Vernachlässigung von Schutzbefohlenen. Der Fall hat ein grelles Licht auf den Pflegenotstand in deutschen Altenheimen geworfen.

Nun wird der eine oder andere nicht ganz unplausibel einwenden, dass das sicherlich ein krasser Fall ist, unakzeptabel, aber eben ein Ausreißer, ein bedauerlicher Einzelfall.

Dann also ein Blick in die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Personalnotstand in der Altenpflege. Im Nachtdienst versorgt eine Pflegerin 52 Bewohner, so ein Bericht von Rainer Woratschka über eine neue Studie von Wissenschaftlern der Universität Witten/Herdecke. Die Zahlen sind skandalös: »Nachts haben die Altenpflegerinnen in vielen Heimen "Stress pur". Einer aktuellen Studie zufolge muss sich fast jede zehnte Pflegekraft sogar um mehr als 100 Menschen kümmern.« Legt man den Durchschnittswert von 52 Heimbewohnern zugrunde, dann bedeutet das: Für einen Heimbewohner pro Nacht  stehen gerade mal zwölf Minuten Zeit zur Verfügung. Aber: »Mindestens 40 dieser 52 Bewohner benötigten nachts nämlich auch „direkte Unterstützung“ – sei es, dass sie regelmäßig umgelagert werden, Medikamente gespritzt bekommen oder zur Toilette begleitet werden müssten. Allein für die vorgeschriebene Handhygiene seien pro Nacht mindestens zwei Stunden zu veranschlagen.« Es gibt in den an sich schon untragbaren Zuständen in der wirklichen Wirklichkeit noch Steigerungsformen: In einigen Fällen seien Pflegekräfte sogar für mehrere Häuser verantwortlich und hätten mit dem Auto hin- und herzupendeln, berichtete die Studienleiterin. Noch ein paar weitere Aspekte aus der Befragung der Pflegekräfte? »26 Prozent gaben an, während ihres Nachtdienstes nur selten oder nie Pausen machen zu können. Knapp zwei Drittel hätten sich „häufig“ oder „sehr oft“ um herumirrende Patienten mit Demenz zu kümmern. Und jede zweite Pflegekraft kann nachts auch in Notfällen auf keinen Hintergrunddienst zurückgreifen.« Kann es da wirklich noch verwundern, wenn berichtet wird, »dass etwa ein Viertel der Versorgten mit freiheitseinschränkenden Maßnahmen oder Medikamenten ruhiggestellt wird. Der Studie zufolge verabreicht im Schnitt jede Pflegeperson pro Nacht rund zwölf ihrer Schützlinge Schlafmittel, bei sieben kommen Bettgitter zum Einsatz.«

Und auch diese Zahl sollte gerade vor dem aktuellen Hintergrund der Diskussion und parlamentarischen Behandlung von Palliativmedizin wie auch Sterbehilfe zur Kenntnis genommen werden: »Am meisten litten die Pflegekräfte darunter, im Nachtdienst keine Zeit für Sterbende zu haben ... 66 Prozent der Befragten klagten in der Studie darüber.«

Aber die Befragten haben auch Rückmeldungen gegeben, was sich ändern müsste. Diese Stimmen aus der Praxis haben die Forscher in einem Forderungskatalog zusammengefasst:
  • In der Nacht muss gewährleistet sein, dass mindestens zwei bis drei Pflegende für 60 Bewohner anwesend sind
  • Verantwortliche Pflegefachpersonen müssen über die beste Qualifikation verfügen, da sie schnell und alleine Situationen einschätzen und passgenaue Versorgungsmaßnahmen einleiten können müssen
  • Jede Einrichtung muss einen hochqualifizierten Hintergrunddienst bereitstellen, der jederzeit beratend und unterstützend eingreifen kann
  • Notfallleitlinien, ein erreichbarer ärztlicher Hintergrunddienst und eine stetig lieferbereite Apotheke stellen eine erforderliche Grundlage dar
  • Es muss gewährleistet sein, dass Nachtpflegende mindestens pro Nacht eine 30-minütige Pause haben, die sie ohne Störungen verbringen können
  • Mehr als vier Nächte hintereinander sollten Pflegende nicht die Verantwortung für die BewohnerInnen übernehmen
  • Es muss sichergestellt werden, dass Pflegende des Nachtdienstes an  Fortbildungen teilnehmen können, ohne ihre Schlafzeit reduzieren zu müssen
Die Pflegeexpertin der Grünen im Bundestag, Elisabeth Scharfenberg, zeigte sich „entsetzt“ über die Ergebnisse der Studie. Sie frage sich, „wie Pflegekräfte das mit sich machen lassen können“ und wo die Aufsichtsbehörden seien. Gute Fragen.

Wer die ganze Studie im Original lesen möchte, der kann die hier als PDF-Datei downloaden:
Christel Bienstein  und Jörg große Schlarmann: Die Nacht in deutschen Pflegeheimen. Ergebnisbericht, Department für Pflegewissenschaft, Universität Witten/Herdecke, 2015.

Wir könnten das jetzt fortführen – natürlich gibt es auch am Tag erhebliche Personalprobleme in der Altenpflege. Und was sagt die Pflegereform zu diesem nicht nur sensiblen, sondern auch zentralen Thema für eine wirkliche Reform der Pflege?

Also hier fehlt der revolutionäre Impuls, den Rainer Woratschka für die Pflegereform generell unterstellt hat – und er schreibt selbst: » Die Selbstverwaltung werde verpflichtet ... „bis Mitte 2020 ein wissenschaftlich abgesichertes Verfahren zur Personalbedarfsbemessung zu entwickeln“. Damit soll dann zumindest irgendwo stehen, wie viele Pflegekräfte theoretisch für gute Pflege benötigt werden. Ob und wie das in den Heimen umgesetzt werden kann, bleibt offen.«
Was für ein Signal an die immer stärker aufgebracht-frustrierten Pflegekräfte. Haltet durch, nur noch ein paar Jahre.

Und wenn wir schon bei dem Muster „auf die lange Bank schieben sind“, dann sollten wir den Pflege-TÜV an dieser Stelle nicht vergessen. Pflege-TÜV? Wurde der nicht vom Pflegebeauftragten der Bundesregierung, Staatssekretär Laumann höchstpersönlich, für gescheitert erklärt? Einer Bewertung, der sich auch 95 Prozent der Experten und vor allem der Praktiker zustimmen werden. Im Prinzip ja, muss die Antwort hier ausfallen. Was aber nicht bedeutet, dass man das jetzt konsequent entsorgt und in die Tonnen haut:

»Es gibt einen Neuanlauf. Ab 2018 soll es für die Heime und ab 2019 auch für die ambulanten Pflegedienste ein völlig neues Bewertungssystem geben. Damit habe „die Irreführung der Bürger ein Ende“, sagte der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU). Danach werde es bei der Beurteilung eines Heims beispielsweise nicht mehr möglich sein, „dass schwere Pflegefehler bei der Medikamentenausgabe durch eine schön gedruckte Speisekarte ausgeglichen werden können“. Bis dahin dürfen die Betreiber allerdings weiter mit ihren offensichtlich geschönten Noten werben. Der sogenannte Pflege-TÜV war in die Kritik geraten, weil bei dem bisherigen Prüfverfahren selbst Heime mit offensichtlichen Mängel Bestnoten erreichten.«

Die Idiotie muss man sich erst einmal verdeutlichen. Da wird festgestellt, dass man mit den Noten des Pflege-TÜV eigentlich nichts anfangen kann und dass das abgeschafft gehört, dann trifft man die Entscheidung, mit einem neuen, (hoffentlich) besseren Verfahren das alte System zu ersetzen – aber bis dahin macht man erst einmal mit dem alten Unsinn weiter. Bis 2018.

Ein anderer Teilbereich der Pflegelandschaft geht hingegen seinen Weg – gemeint sind hier die privaten, auf Gewinnerzielung ausgerichteten Pflegekonzerne. Die wachsen und konsolidieren sich, wie die Ökonomen das nennen. Sie schließen sich also untereinander zusammen. Und hier können wir wieder anknüpfen an die Geschichte mit der völlig überforderten Pflegehelferin aus einem Berliner Altenheim, der die Polizei geraten hatte, den Notarzt zu rufen, was sie dann auch gemacht hat. Das Heim, in dem es zu diesem schwerwiegenden Vorfall gekommen ist, gehört zu Casa Reha, einer dieser privaten, auf Gewinn ausgerichteten Betreiber. Casa Reha mit Sitz in Oberursel bei Frankfurt betreibt 70 Pflegeheime mit mehr als 10.000 Betten und 4.100 Mitarbeitern. Der Jahresumsatz liegt bei 270 Millionen Euro, der operative Gewinn (Ebitda) Finanzkreisen zufolge bei 30 Millionen Euro.

Für die wird sich auf der obersten Ebene und mit Blick auf das ganze Unternehmen eine Menge ändern, denn: Casa Reha geht an französische Korian. Es handelt sich dabei um einen französischen Altenheim- und Klinikbetreiber. QCasa Reha mit Sitz in Oberursel bei Frankfurt betreibt 70 Pflegeheime mit mehr als 10.000 Betten und 4100 Mitarbeitern. Der Jahresumsatz liegt bei 270 Millionen Euro, der operative Gewinn (Ebitda) Finanzkreisen zufolge bei 30 Millionen Euro.«
Und der schlägt jetzt zum dritten Mal zu in Deutschland: »Nach den Pflegeheim-Ketten Phoenix und Curanum verleibt sich Korian auch die Nummer drei Casa Reha ein, wie die Unternehmen am Dienstag mitteilten. Casa Reha hatte seit 2007 dem britischen Finanzinvestor Hg Capital gehört ... .«

Fazit: Hier laufen die Geschäfte. Die Betonung liegt auf hier.