Sonntag, 8. November 2015

Auf ganz dünnem Eis: Sterben und Tod als Gegenstand gesetzgeberischen Handelns. Zuerst das Hospiz- und Palliativgesetz, direkt danach der Regelungsversuch der Sterbehilfe

Das ist kein Thema, über das sich einfach reden und schreiben lässt: Es geht um die letzte Station im Leben eines Menschen, um das Sterben und die „Hilfe“ dabei - bis hin zu einem möglichen Zwang dazu. Auf der einen Seite ist das Sterben eine zutiefst individuelle Angelegenheit, eine Einzigartigkeit wie jeder Mensch eben selbst, die sich der Verallgemeinerung und Kategorisierung mit guten Gründen widersetzt. Das gilt letztendlich auch für die Frage nach einem - selbstbestimmten!? - Umgang damit. Auf der anderen Seite geht es hier nicht nur um das unaufhebbare Einzelne, sondern immer auch um die Frage nach dem gesellschaftlichen Umgang mit dem Sterben und den Bedingungen, unter denen es sich vollzieht. Und das bezieht sich auf das „Wo“ (z.B. Klinik, Heim, zu Hause) und kann eben auch das „Wann“ und „Wie“ umfassen, wenn der Tod nicht schlagartig über den Menschen kommt. Das alles ist angstbesetzt bei jedem von uns, es löst Abwehrreflexe und Fluchtgefühle aus, aber dennoch ist es hundertausendfache Realität in unserem Land jedes Jahr und der Umgang mit den Sterbenden und dem Tod sagt eine Menge aus über den Zustand einer Gesellschaft.

Eine in diesem Zusammenhang bewegende Woche liegt hinter uns. Zuerst hat sich der Bundestag mit dem von der Bundesregierung eingebrachten Hospiz- und Palliativgesetz beschäftigt und dieses mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die Linke verabschiedet - ein Abstimmungsergebnis, das jedem signalisiert, dass hier eine große Übereinstimmung bestanden haben muss. „Ein großer Schritt in die richtige Richtung“, so ist ein Interview mit Winfried Hardinghaus, dem Vorsitzenden des Deutschen Palliativ- und Hospizverbands (DHPV) überschrieben. Schon weitaus profaner die Überschrift des Artikels von Florian Staeck: Mehr Geld und neue Leistungen für Ärzte. »Die Aufwendungen für palliative Leistungen beliefen sich bisher GKV-weit nur auf ein Promille der gesamten Ausgaben - rund 200 Millionen Euro pro Jahr. Die genauen jährlichen Mehrkosten des Gesetzes für die Kassen sind unklar, das Gröhe-Ministerium geht von einem "unteren bis mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag" aus.«

Begleitet wurde die Endphase des Gesetzgebungsverfahrens durch eine Veröffentlichung der Bertelsmann-Stiftung: Palliativversorgung. Leistungsangebot entspricht (noch) nicht dem Bedarf – Ausbau erfordert klare ordnungspolitische Strategie. Daraus einige zentrale Befunde:
Die meisten Deutschen möchten zu Hause sterben, doch fast jeder Zweite stirbt im Krankenhaus. Nur jeder Dritte erhält am Lebensende die notwendige Palliativversorgung. Palliativ behandelt werden überwiegend Patienten mit Krebserkrankungen. Die ambulante Versorgung kommt den Wünschen der Bevölkerung am nächsten und sollte deshalb verstärkt ausgebaut werden. Die Stoßrichtung der Bertelsmann-Argumentation ist eindeutig, wie man bereits der Überschrift ihrer Pressemitteilung entnehmen kann: Medizinische Versorgung am Lebensende noch zu häufig im Krankenhaus. »So sei nur wenigen Menschen bewusst, dass eine gut organisierte ambulante Palliativversorgung zu weniger Krankenhauseinweisungen kurz vor dem Tod führt«, schreibt die Stiftung. So einen Satz kann man gleichsam reformerisch lesen, im Sinne eines Plädoyers, den Wünschen und Bedarfen der Menschen besser zu entsprechen, man kann allerdings auch die Vermutung vortragen, hier geht es erneut am Ende nur darum, die mit dieser „Fehleinweisung“ in das Krankenhaus die dort anfallenden höheren Kosten zu senken.

Aber es gibt auch aus der möglichen Betroffenen-Sicht Zweifel an der Ambulantisierungsforderung der Stiftung:

»Nicht immer ist die ambulante Versorgung Todkranker der stationären vorzuziehen - auch wenn es die Bertelsmann-Stiftung suggeriert«, so Adelheid Müller-Lissner  in ihrem Artikel Hilfe am Lebensende. Auf der einen Seite bestätigt sie die Thesen der Stiftung: »Dass bundesweit nur 30 Prozent der Sterbenskranken palliativmedizinisch versorgt werden, spricht auf jeden Fall für eine deutliche Unterversorgung. Und Berlin schneidet hier in der Datensammlung der Stiftung besonders schlecht ab.« 

Dann aber weist sie am Beispiel Berlin auf einen (scheinbaren) Widerspruch hin:

»Denn bei der Spezialisierten Ambulanten Palliativ-Versorgung (SAPV), auf die Kranke ein Anrecht haben, wenn ihr Leiden in absehbarer Zeit zum Tod führen wird und seine Behandlung besondere Fachkompetenz erfordert, steht Berlin recht gut da. Und hier war die Hauptstadt auch Vorreiter. Schon 1992 wurde die häusliche Versorgung unheilbar Krebskranker als Pilotprojekt in einer onkologischen Schwerpunktpraxis eingeführt. Der gemeinnützige Verein Home Care Berlin organisiert und berät seit fast 23 Jahren unermüdlich. „Wir stoßen allerdings mit der Versorgung in Berlin an unsere Grenzen, weil die Patientenzahl ständig steigt“, sagt die Geschäftsführerin Simona Blankenburg. Waren es im Jahr 2011 noch 4.304 Sterbenskranke, die in Berlin von 87 Ärzten mit SAPV-Zulassung zu Hause behandelt wurden, so sind es im letzten Jahr schon 5.622 gewesen, aber nur fünf Ärzte mehr. Auch Pflegekräfte, die sich mit der ambulanten Palliativpflege fachlich auskennen, sind rar und angesichts ihrer anspruchsvollen Aufgaben und des 24-Stunden-Bereitschaftsdienstes schlecht bezahlt. „Wir haben jeden Tag Anrufer am Telefon, die nicht versorgt werden können“, sagt Blankenburg. „Unsere Mitarbeiter sind an der Leistungsgrenze.“«
Interessanterweise verweist die Geschäftsführerin des SAPV-Vereins darauf, dass sie den Verweis auf die Klinik als Plan B, weil man die Menschen wegen der Überlastung nicht ambulant betreuen kann, mittlerweile mit einem wesentlich besseren Gefühl machen kann: „Hier hat sich in den letzten Jahren wirklich etwas zum Guten verändert.“

»In den Palliativstationen, die häufig den Abteilungen für Krebsmedizin zugeordnet sind, sind die Zimmer wohnlicher als im übrigen Gebäude, alle modernen Therapien stehen bei Bedarf zur Verfügung, die Ärzte und Pflegekräfte sind auf die Bedürfnisse von Menschen in der letzten Lebensphase spezialisiert, die Angehörigen dürfen rund um die Uhr da sein.«

Wie immer im Leben gibt es weitaus mehr als Schwarz oder Weiß.

»„Es gibt Krankheits-Verläufe und persönliche Umstände, die es schwierig oder sogar unmöglich machen, die letzte Lebensphase im häuslichen Umfeld zu verbringen“, sagt die Anästhesistin und Schmerzspezialistin Myriam Kaiser, die im Vivantes-Klinikum Spandau auf der Palliativstation arbeitet. Wer in gesunden Tagen befragt werde, könne sich das oft noch nicht vorstellen. Ihrer Erfahrung nach fühlen sich einige Sterbenskranke durchaus in der Rund-um-die-Uhr-Sicherheit des Krankenhauses geborgen und empfinden es für sich als passender, dort statt zu Hause gepflegt zu werden. Oder sie möchten in der letzten Lebensphase in einem Hospiz betreut sein.«

 Letztendlich geht es doch um eine möglichst gute palliativmedizinische Versorgung der Sterbenden. Die kann allgemein-ambulant zu Hause erfolgen (also in Begleitung des Hausarztes), spezialisiert-ambulante durch Profis der SAPV, in einem Hospiz, einem Pflegeheim oder Krankenhaus. Der Ort ist das eine, wohl weitaus bedeutsamer ist die Frage, ob die palliativmedizinische Versorgung wirklich alle Potenziale ausschöpfen kann, die sich grundsätzlich heute zur Verfügung hat. Dazu gehört selbstverständlich - oder leider eben nicht - eine würdevolle Sterbebegleitung mithilfe der schmerzlindernden Medikamente, die man zur Erfüllung hat. Leider wird immer noch berichtet, dass manche Ärzte aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen zu restriktiv sind bei der Nutzung dieser wichtigen Begleitung. „Wir haben in Deutschland noch immer ein gestörtes Verhältnis zu Schmerzmitteln“, so der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, berichtet Rainer Woratschka in seinem Artikel Ärztepräsident warnt vor Euthanasie. Darüber sollte viel mehr diskutiert werden.

Nur einen Tag nach der Befassung mit dem Hospiz- und Palliativgesetz stand dann eines der großen gesellschaftspolitischen Themen auf der Tagesordnung des Bundestages - die Neuregelung der Sterbehilfe. Das Ringen um den selbstbestimmten Tod, so ist einer der Artikel vor der parlamentarischen Auseinandersetzung über mehrere - fraktionsübergreifende - Anträge überschrieben worden, in dem man eine Übersicht über die unterschiedlichen Anträge findet. Monatelang haben Ethiker, Mediziner, Verbände und Abgeordnete über Parteigrenzen hinweg diskutiert, kritisiert und an Entwürfen gefeilt. Zur Diskussion und Abstimmung standen vier Gruppenanträge. Sie reichen vom generellen Verbot der Sterbehilfe bis zu einer weitgehenden Straffreiheit. Ausgangspunkt: Die bisherige Rechtslage stellt Beihilfe zum Suizid in Deutschland nicht unter Strafe.

Über »alle Parteigrenzen hinweg (ist) unumstritten, dass die Neuregelung das Geschäft mit dem Sterben in Deutschland verhindern soll. Das betrifft vor allem Organisationen oder Vereine wie den des ehemaligen Hamburger Senators Roger Kusch, der mit Sterbehilfe beabsichtigt, Geld zu verdienen. Zwar ist aktive Sterbehilfe in Deutschland nicht erlaubt. Dazu gehört etwa, einem Patienten ein todbringendes Mittel einzuflößen. Aber die Assistenz zum Suizid ist legal - wer einem Kranken hilft, sich ein tödliches Mittel zu verschaffen, wird nicht bestraft.«

Nunmehr ist die Entscheidung im Bundestag gefallen: Bundestag legt Sterbehilfevereine an die Kette, hat Florian Staeck nach der Abstimmung getitelt und fügt gleich an: »Mit klarer Mehrheit votiert der Bundestag für ein Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe. Spannend wird die Rechtsanwendung dieses Gesetzes werden.« Offensichtlich scheint es ein Problem zu geben.

Das kann eigentlich nicht darin bestehen, dass man „gewerbsmäßige Sterbehilfe“ unter Strafe stellen will - wer kann dagegen etwas haben? Man kann nicht ernsthaft legalisieren, eine Geschäftsmodell mit dem Tod zu ermöglichen.

Der Entwurf der Abgeordneten Michael Brand (CDU) und Kerstin Griese (SPD) hatte sich bereits in der zweiten Lesung mit 309 Stimmen klar gegen die anderen drei Gesetzentwürfe durchgesetzt. Damit ist das „Gesetz zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“ verabschiedet.
Im neuen Paragrafen 217 Strafgesetzbuch heißt es künftig: "Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Und wo soll jetzt ein Problem liegen?

»Juristen wie Katarina Barley (SPD) wiesen darauf hin, dass Staatsanwaltschaften auch bei nur einmaliger Sterbehilfe durch einen Arzt nach dem Gesetz ermitteln müssten. Das wurde von anderen Rednern in Abrede gestellt«, berichtet Staeck in seinem Artikel. Aber selbst der Hinweis, dass sich die Strafverfolgung seitens des Staates doch nur auf „aggressive Sterbehilfevereine“ beziehen würde, ging dem einen oder anderen Parlamentarier zu weit: So die Abgeordnete Dagmar Wöhrl (CDU), die betonte, »Bürger empfänden ein Verbot der organisierten Sterbehilfe als "illegitimen Übergriff des Staates". Sie bezweifelte, dass Abgeordnete überhaupt das Recht hätten, "ohne Not" in die Entscheidung Todkranker einzugreifen.«

Aber ach wenn man nicht so eine weitreichende Position vertritt - bereits im Vorfeld gab es verfassungsrechtliche Bedenken auch gegen den nunmehr erfolgreichen Entwurf einer gesetzlichen Regelung des Verbots der „gewerbsmäßigen Sterbehilfe“ seitens der Juristen des Bundestags selbst. Ende August wurde man mit solchen Meldungen konfrontiert: Bundestagsjuristen beanstanden Gesetzentwürfe. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags sieht einen möglichen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes. Denn es werde nicht klar, wie die geplante Unterscheidung zwischen einer verbotenen geschäftsmäßigen Suizidhilfe mit Wiederholungsabsicht und einer erlaubten Sterbehilfe im Einzelfall aus selbstlosen Motiven getroffen werden könne. Hier muss man also wieder einmal, wie so oft bei juristischen Fragen, um die Ecke denken:

»Die Juristen verweisen demnach dabei auf Palliativmediziner in Hospizen sowie Ärzte auf Intensivstationen. Diese Ärzte "könnten regelmäßig aus einem ohnehin bestehenden Behandlungsverhältnis dazu übergehen, ihre Patienten auch hinsichtlich der Sterbehilfe zu beraten und Medikamente zu verschreiben". Sofern diese Ärzte "auf die Wünsche ihrer Patienten eingingen, wäre schnell die Schwelle erreicht, bei der auch das Leisten von Sterbehilfe zu einem wiederkehrenden Bestandteil ihrer Tätigkeit würde" ... Somit wäre es unmöglich, bei diesen Ärzten zwischen dem erlaubten Einzelfall und der strafbaren Wiederholungsabsicht zu unterscheiden, lautet ... die Warnung der Bundestagsjuristen.«

Das Problem liegt also beim Wort „geschäftsmäßig“. Das Wort meint auf Wiederholung angelegtes, organisiertes Handeln von Vereinen und Einzelpersonen. Das Verbot würde also auf Gewinn orientierte, gewerbsmäßige Suizidbeihilfe erfassen – sich aber nicht auf diese beschränken. Und das könnte ein Problem werden, je nach Rechtsanwendung.

Das Thema wurde auch wieder kurz vor der Abstimmung im Bundestag von den Medien aufgegriffen, so beispielsweise von Tobias Peter in seinem Artikel Wird Sterbehilfe für Ärzte strafbar? Er zitiert den Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach von der SPD, der davor warnt, »wenn der Entwurf von Brand und Griese Gesetz würde, dann werde kein Arzt mehr solchen Patienten helfen. Fraglos sei das Handeln eines Arztes geschäftsmäßig in dem Sinn, dass es sich wiederholen könne.«

Zum jetzigen Zeitpunkt kann man auf diese mögliche Fallgrube nur hinweisen - es wird auf die Rechtsauslegung ankommen. Hier sind wir - wie auf hoher See - auch vor Gericht bekanntlich in Gottes Hand.

Natürlich gibt es auch Kommentatoren, die sich daran stören, dass der Gesetzgeber eine Unterscheidung machen will zwischen „guter“ und eben „schlechter“, weil gewerbsmäßiger Sterbehilfe macht. Beispielhaft dafür die Position von Christian Geyer-Hindemith: Selbstbestimmung und Tötungsaffekt, so hat er seinen Beitrag überschrieben. Er sieht überall aus seiner Perspektive problematische „Paternalismen“ wirken:

»Aber warum soll sich die Verwerflichkeit der Suizidbeihilfe eigentlich an ihrer Geschäftsmäßigkeit festmachen? Warum soll in einer Gesellschaft, die sich einer liberalen, auf Qualitätssteigerung ausgerichteten Marktwirtschaft verschreibt, die Suizidbeihilfe - sofern man sie als solche gutheißt - nicht kommerzialisiert und organisiert werden? … Warum etwa soll Suizidbeihilfe, einmal erlaubt, nur bei einer unheilbaren, zum Tode führenden Erkrankung zulässig sein? Spricht aus dieser Restriktion nicht eine Fremdbestimmung, die man gerade vermeiden will? Was ist mit psychischen Leidenszuständen? Mit welchem Recht will man sie von einer Suizidbeihilfe ausschließen, die man prinzipiell befürwortet?«

Wir bewegen uns auf ganz dünnem Eis bei diesem Thema. Im Umfeld der Abstimmung im Bundestag ist eine Vielzahl von Artikeln erschienen, die sich ablehnend mit dem ganzen Ansatz eines wie auch immer legalen assistierten Suizids beschäftigt haben. Nur drei Beispiele: Lasst die Finger davon, ein Gastbeitrag in der FAZ, in dem Thomas Sören Hoffman die These aufstellt: »Eine Tötungslizenz wäre die letzte biopolitische Enthemmung.« Stephan Sah hat seinen Beitrag überschrieben mit Ein unmoralisches Angebot. Mit Blick auf die Befürworter der ärztlichen Beihilfe zum Suizid behauptet er: »Oft erweist sich genau das Gegenteil dessen als richtig, was auf den ersten Blick keinen Widerspruch duldet.« Und Jürgen Kaube hat sich mit einem Artikel unter der Überschrift Kein Wille geschehe zu Wort gemeldet: »Schmerz, Qual, Krankheit und Tödlichkeit hängen in vielen Fällen nicht zusammen. Der Wunsch nach Selbsttötung bleibt etwas Furchtbares. Es gibt hier kein kleineres Übel.«

Nachdenkliche Stimmen kommen aus der Hospizbewegung: »Die Vorstellung eines schmerzfreien Todes ist naiv. Der assistierte Suizid könne „ein Werk der Barmherzigkeit“ sein«, schreibt Joachim Frank in seinem Artikel Das „schöne Sterben“ ist eine Illusion. Praktiker aus der Hospizarbeit warnen vor übertriebenen Hoffnungen auf die Palliativmedizin, womit wir wieder und abschließend beim Eingangsthema dieses Beitrags angekommen wären. Der Vorsitzende des Hospizvereins Leverkusen, Peter Cramer, wird mit diese Worten zitiert:

„Zur Achtung der Menschenwürde gehört es auch, sich dem Sterbewunsch eines Patienten – und Möglichkeiten ärztlicher Begleitung – nicht kategorisch zu verweigern.“ Der assistierte Suizid könne „ein Werk der Barmherzigkeit“ sein, so Cramer weiter, der als engagierter Katholik an der Spitze des überkonfessionellen Hospizvereins steht. „Es gibt Patienten, bei denen wir angesichts ihrer Schmerzen darum beten, dass sie bald von ihren Leiden erlöst werden. Die rigoristische Position zum assistierten Suizid, wie sie teils auch von den Kirchen vertreten wird, ist unhaltbar.“

Und eine langjährige Sterbebegleiterin eines kirchlichen Hospizes:

»Die Vorstellung vom „schönen Sterben“ im Hospiz unter der Obhut der Palliativmedizin sei eine Illusion. „Auch bei uns sterben Menschen unter größten Qualen, auch bei uns schreien Patienten stundenlang aus Panik und Angst vor dem Tod, bis am Ende ein Arzt kommt und ihnen so starke Medikamente gibt, dass sie kurz danach sterben.“ Darüber werde öffentlich aber kaum geredet.«

Wie gesagt, wir bewegen uns auf ganz dünnem Eis.