Immer wieder wird von den zahlreichen Klagen vor den
Sozialgerichten berichtet, die das Hartz IV-System betreffen. Neben den vielen
erfolgreichen Klagen gegen die Jobcenter und der damit verbundenen Rolle der
Anwälte, den Betroffenen zu ihrem Recht zu verhelfen, gab es auch an der einen
oder anderen Stelle in den Medien Hinweise darauf, dass es findige Anwälte
geben würde, die ein Geschäftsmodell mit Hartz IV-Empfängern aufgebaut haben
und die Jobcenter mit teilweise fragwürdigsten Klagen überziehen (vgl. beispielsweise
den Beitrag Gierige
Anwälte – Das Geschäft mit Hartz IV im ARD-Wirtschaftsmagazin Plusminus am
25.02.2015: Einige Anwälte, so die These des Beitrags, überziehen die Jobcenter
mit einer Flut von Widersprüchen und Klagen. Finanziell gewinnt der Anwalt
immer).
Eine neue und abweichende Variante lernen wir durch den
folgenden Artikel kennen: Gut
verteidigt, trotzdem pleite, so hat Antje Lang-Lendorff ihren Beitrag
überschrieben: »Manche Jobcenter zahlen Anwälten von Arbeitslosen kein Honorar
mehr, sondern verrechnen es mit deren Schulden. Anwaltskammer sieht Schutz von
Armen in Gefahr.«
Sie beginnt mit einem konkreten Fall, der die Anwältin
Aglaja Nollmann betrifft:
»Das Jobcenter war der Ansicht, dass ihr Mandant zu viel Geld ausgezahlt bekommen habe, und verlangte es zurück. Die Anwältin für Sozialrecht legte Widerspruch ein – und bekam recht. Trotzdem erhält sie für ihre Leistung nun kein Honorar. Rund 800 Euro, die ihr das Jobcenter hätte erstatten sollen, seien mit den Schulden ihres Mandanten verrechnet worden, erzählt sie. Das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg habe dieses Honorar zwar anerkannt. „Es hat mir aber auch geschrieben, dass ich dieses Geld nicht kriege.“«
»Das Jobcenter war der Ansicht, dass ihr Mandant zu viel Geld ausgezahlt bekommen habe, und verlangte es zurück. Die Anwältin für Sozialrecht legte Widerspruch ein – und bekam recht. Trotzdem erhält sie für ihre Leistung nun kein Honorar. Rund 800 Euro, die ihr das Jobcenter hätte erstatten sollen, seien mit den Schulden ihres Mandanten verrechnet worden, erzählt sie. Das Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg habe dieses Honorar zwar anerkannt. „Es hat mir aber auch geschrieben, dass ich dieses Geld nicht kriege.“«
Auch andere im Sozialrecht tätige Anwälte bestätigen eine
solche Vorgehensweise. Wie aber kann das sein?
»In einem Praxishandbuch der Bundesagentur für Arbeit wird darauf hingewiesen, dass nicht der Anwalt, sondern der Kläger – also der Arbeitslose – Anspruch auf Kostenerstattung habe. Und weiter: „Vor jeder Auszahlung von zu erstattenden Kosten (…) ist zu prüfen, ob gegen den Kostengläubiger Forderungen seitens des Jobcenters bestehen, die aufgerechnet werden können.“ Im Klartext heißt das: Wenn Arbeitslose dem Jobcenter Geld schulden, ist es gewünscht, dass das Anwaltshonorar mit diesen Schulden verrechnet wird. Die Anwälte gehen dann leer aus.«
»In einem Praxishandbuch der Bundesagentur für Arbeit wird darauf hingewiesen, dass nicht der Anwalt, sondern der Kläger – also der Arbeitslose – Anspruch auf Kostenerstattung habe. Und weiter: „Vor jeder Auszahlung von zu erstattenden Kosten (…) ist zu prüfen, ob gegen den Kostengläubiger Forderungen seitens des Jobcenters bestehen, die aufgerechnet werden können.“ Im Klartext heißt das: Wenn Arbeitslose dem Jobcenter Geld schulden, ist es gewünscht, dass das Anwaltshonorar mit diesen Schulden verrechnet wird. Die Anwälte gehen dann leer aus.«
Das kann natürlich dazu führen, dass
Grundsicherungsempfänger Schwierigkeiten bekommen können, überhaupt einen
Rechtsbeistand zu finden, wenn der damit rechnen muss, nicht auf seine Kosten
zu kommen.
Für Rechtsanwälte werde es immer schwerer, den sozial
Schwachen einen wirkungsvollen Zugang zum Recht zu gewährleisten, so Marcus
Mollnau, Präsident der Rechtsanwaltskammer Berlin. Die Anwaltskammer setze sich
dafür ein, „die gesetzlichen Regelungen zu ändern und ein Aufrechnungsverbot zu
verankern“.
Wenn man sich das klar macht – das hat schon was: Der
Mandant eines Anwalts wird (teil)entschuldet auf Kosten des erfolgreichen
Anwalts und zugunsten der unterlegenen Partei, die aber dem Mandaten vorher
einen Kredit gewährt hat.
Und das Problem der Verschuldung von Hartz IV-Empfänger ist
nicht irgendein Randproblem. Ende April 2015 konnte man beispielsweise lesen: Langzeitarbeitslose
brauchen häufiger Kredite.
»Wenn das Arbeitslosengeld II, Hartz IV genannt, nicht reicht, geraten Langzeitarbeitslose schnell in eine Abwärtsspirale. Zehntausende sind jeden Monat auf zusätzliche Darlehen für Waschmaschine, Kühlschrank, Kleidung oder andere Dinge angewiesen. Im vergangenen Jahr erkannten die Jobcenter pro Monat im Schnitt bei rund 18.700 Hartz-IV-Beziehern einen Anspruch auf ein solches Darlehen an. Das geht aus einer Antwort der Bundesagentur für Arbeit auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann hervor ... Im Vergleich zum Jahr 2013 mit im Schnitt rund 17.800 Darlehen pro Monat ist die Zahl 2014 um mehr als fünf Prozent gestiegen. Im Jahr 2010 waren es sogar nur 15.500 Kredite pro Monat - seither ist die Zahl demnach um knapp 21 Prozent gestiegen.«
»Wenn das Arbeitslosengeld II, Hartz IV genannt, nicht reicht, geraten Langzeitarbeitslose schnell in eine Abwärtsspirale. Zehntausende sind jeden Monat auf zusätzliche Darlehen für Waschmaschine, Kühlschrank, Kleidung oder andere Dinge angewiesen. Im vergangenen Jahr erkannten die Jobcenter pro Monat im Schnitt bei rund 18.700 Hartz-IV-Beziehern einen Anspruch auf ein solches Darlehen an. Das geht aus einer Antwort der Bundesagentur für Arbeit auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann hervor ... Im Vergleich zum Jahr 2013 mit im Schnitt rund 17.800 Darlehen pro Monat ist die Zahl 2014 um mehr als fünf Prozent gestiegen. Im Jahr 2010 waren es sogar nur 15.500 Kredite pro Monat - seither ist die Zahl demnach um knapp 21 Prozent gestiegen.«